Die DNA ist der Träger des Erbgutes und damit der Bauplan unseres Körpers. Auch Bäume haben in ihrem Samen ihre DNA und damit deren artspezifischen Bauplan gespeichert und weisen deshalb ein sogenanntes „Generatives Wachstum“ auf. Das heißt, dass je nachdem wo der Samen eingepflanzt wird, das Wachstum sich den äußeren Bedingungen wie Sonne, Wind und Wasser anpasst. So generieren die Bäume gleicher Art ein ganz unterschiedliches Wachstum, obwohl der Bauplan der gleiche ist. Genau diesen Prozess des angepassten Wachstums an die vorherrschenden Randbedingungen hat EDAG sich für den Entwicklungsprozess als Vorbild genommen. Mit Hilfe der Software Synera (Titelbild: Bauteil-DNA für einen Leichtbauhalter; Copyright: Synera) bekommt zukünftig jedes Bauteil seine eigene DNA und ermöglicht so einen schnellen und variantenreichen Produktentwicklungsprozess, genannt „Generative Engineering“.
Das Prinzip der Natur baut also auf dem generativen Wachstumsprozess auf und unterliegt einer ständigen Veränderung. Doch wie kann dieser Prozess auf die Konstruktion und Entwicklung von Bauteilen übertragen werden? Wie sieht hier der Wachstumsprozess aus und was unterscheidet ihn vom aktuellen Entwicklungsprozess?
Der Entwicklungsprozess heute: Manuell. Iterativ. Zeitintensiv. Personenabhängig.
Heute laufen Bauteil-Entwicklungsprozesse meist, wie im Wasserfallmodell beschrieben, sequenziell in aufeinanderfolgenden Phasen ab: Wir starten mit einer technischen Spezifikation (Lastenheft) und durchlaufen mehrere Phasen des Entwicklungsprozesses. So arbeiten u.a. für Design, Konstruktion, Simulation und die Fertigungsplanung jeweils Experten eigenständig mit passiven Software-Werkzeugen. Beispielsweise muss der Konstrukteur immer wieder händisch – in diesem Fall in der CAD Software – das Bauteil Fläche für Fläche, Radius für Radius beschreiben. Dabei muss er ständig auf neue Ergebnisse der anderen Disziplinen und geänderten Randbedingungen mit hohem manuellem Aufwand reagieren. Das bedeutet, dass die Anforderungen an ein Bauteil nach und nach in den einzelnen Phasen durch viele Iterationen erreicht werden. Dieser Prozess kann durch das händische Konstruieren und Simulieren oft sehr langwierig und kostenintensiv sein und trotzdem liefert er immer nur eine begrenzte Anzahl von Ergebnissen. Kann so das Optimum des Bauteils oder gar des Gesamtfahrzeugs in kürzester Zeit erreicht werden?
Der Entwicklungsprozess morgen: EDAG automatisiert und arbeitet generativ mit DNA.
Abbildung 1: Bauteil-DNA für E-Motor Statorwicklungen (Copyright: EDAG)
EDAG und die Software Entwickler von Synera haben sich diese Frage gestellt und eine Lösung nach dem Vorbild der Natur erschaffen. Wie könnte die Produktentwicklung aussehen, wenn sich die Ingenieure nicht wie bisher auf das Bauteil selbst konzentrieren, sondern ähnlich wie beim Baum ein Regelwerk mit Randbedingungen definieren, quasi die technische Version der DNA erschaffen würden?
Diese Idee erfordert einen völlig neuen Entwicklungsprozess und -werkzeuge. Alle bisher notwendigen Prozessschritte wie Simulationen und CAD-Design sowie die dazugehörige Software, müssen in die technische DNA integriert und automatisch durchlaufen werden. Dazu nutzt EDAG die Synera Software, um somit den gesamten Entwicklungsprozess in einem durchgängigen und automatisierten Workflow aufzubauen. D.h. es wird nicht mehr das Bauteil selbst, sondern der Weg zum Bauteil als Bauprinzip in der Software erstellt.
Ist das Bauprinzip, die sogenannte DNA, einmal definiert, so kann der Workflow beliebig oft durchlaufen werden, wobei die Randbedingen immer wieder neu angepasst werden können. So kann der Entwickler z.B. verschiedene Lasten, Fertigungsverfahren oder Materialien vorgeben und erhält so automatisiert ein Bauteil, dass sich genau diesen Bedingungen anpasst. Das heißt, der Entwickler wird zukünftig nicht mehr jedes Bauteil einzeln konstruieren, sondern definiert einmal eine Bauteil-DNA, pflanzt diese in verschiedene Fahrzeuge ein und so entwickelt sich das an die Umgebung angepasste Bauteil. Eben generativ.
Anhand erster Anwendungsfälle konnten verschiedene Fachabteilungen von EDAG das Potenzial von Generative Engineering aufzeigen:
- Beschleunigung des Entwicklungsprozesses
- Gewichtseinsparungen
- Erschließung bislang unerreichter Lösungen
So wurde beispielsweise im Forschungsprojekt „VariKa“ (siehe auch: Varika) dank Generative Engineering und der Wiederverwendung der Bauteil-DNA bis zu 50 % der Entwicklungszeit eingespart (Abbildung 2). Dabei konnte außerdem gegenüber dem konventionellen Entwicklungsprozess ein um 40 % leichteres Ergebnis erzielt werden.
Abbildung 2: Zeitersparnis im VariKa Forschungsprojekt (Copyright: EDAG)
Mit diesem neuen Ansatz können natürlich nicht nur Fahrzeugkomponenten entwickelt werden. Die Software kann branchenübergreifend da genutzt werden, wo in kürzester Zeit neue Lösungen für die Optimierung von Produkten gesucht werden. Ganz gleich, ob Sie einen ergonomisch perfekten Stuhl entwickeln möchten, oder Sie – wie bereits geschehen - die Sockel von Offshore Windanlagen nach dieser bionischen Methode optimieren möchten. Überall da, wo Sie vorwiegend ein strukturelles Problem haben, können wir dank Generative Engineering helfen.
EDAG als führender Engineering Dienstleister arbeitet partnerschaftlich mit den Vorreitern der Softwareindustrie und Start-Ups zusammen, um unsere Produktivität und Expertise stetig zu verbessern.
Vielleicht haben Sie ein Produkt, das Sie neu- oder weiterentwickeln möchten, Sie scheuen sich aber vor kostspieligen, langwierigen Entwicklungszeiten und -prozessen, dann sprechen Sie mit unserem Experten für Generative Engineering, Richard Kordaß, Projektleiter, Competence Center Innovation. Er erläutert Ihnen gerne persönlich alle Vorteile der neuen Entwicklungsmethode.