Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems zählen weltweit zur Todesursache Nummer 1. Daher könnten eine bessere Früherkennung und adäquate Versorgung in diesem Segment große Fortschritte bei der Verlängerung der Lebensspanne und der Verbesserung der Lebensqualität bewirken. Und auch das Gesundheitssystem würde spürbar entlastet werden. Wie Digitalisierung solche Erfolge möglich macht, zeigt das Beispiel eines smarten EKG-Geräts – aber auch, welche Hürden bei der Entwicklung zu überwinden sind.
Diverse Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems, zusammengefasst als Kardiovaskuläre Erkrankungen, zählen weltweit zu den häufigsten Todesursachen. 85 Prozent solcher Todesfälle entfallen auf Herzinfarkt und Schlaganfall. Frühzeitige Erkennung und Behandlung könnten Leben retten – doch viele Betroffene können ihre Symptome nicht deuten.
Teils liegt es an unzureichender medizinischer Versorgung und entsprechenden Früherkennungsprogrammen. Studien zeigen, dass bis zu 70 Prozent der schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen im Alltag unerkannt bleiben, weil sie nur sporadisch auftreten und nicht gerade dann, wenn ein EKG erstellt wird.
Hier kann ein sogenanntes Langzeit-EKG Abhilfe schaffen, das die Herztätigkeit über mehrere Tage hinweg aufzeichnet. Doch was, wenn tatsächlich Störungen auftreten und ein sofortiges Handeln erforderlich wird, um schwerere Gesundheitsschäden zu vermeiden? Bei den Standard-Geräten würde dies erst bei der Auswertung der gespeicherten Daten durch den Arzt entdeckt werden – und damit womöglich viel zu spät.
Gesellschaftliche Dimensionen
Blickt man genauer auf das deutsche Gesundheitssystem, dann zeigt sich, dass der Aufwand und der Nutzen nicht im Einklang sind. Es gehört zu den teuersten der Welt, bringt aber bei der Lebenserwartung keine besseren Ergebnisse. Prof. Michael Hallek, Vorsitzender des Sachverständigenrates Gesundheit der Bundesregierung, kritisiert daher: „Wir verbrennen unheimlich viel Geld“. Im Ergebnis würden Fachkräfte in die Überlastung getrieben und Patienten oft nicht optimal versorgt werden.
Auch der Sachverständigenrat hat die Digitale Transformation des Gesundheitswesens als ein wesentliches Element zur Verbesserung der Situation benannt. Sie könne dazu beitragen, die Effizienz im Medizinbetrieb deutlich zu verbessern. Konkret bedeutet das unter anderem, mithilfe eines höheren Automatisierungsgrades manuelle Prozesse und bürokratische Anforderungen zu minimieren. Das entlastet das medizinische Personal und wirkt dem Fachkräftemangel entgegen. Für Patientinnen und Patienten reduzieren sich Wartezeiten und unnötige Doppeluntersuchungen durch unterschiedliche Stellen – die Qualität der Versorgung steigt.
Das schafft mehr Kapazitäten im ambulanten Sektor und wirkt damit dem Trend entgegen, immer mehr Behandlungen stationär durchzuführen, weil es schlicht an ambulanten Alternativen mangelt. So werden gleich an mehreren Stellen Kosteneinsparungen möglich, und dies bei einer höheren Qualität der Patientenversorgung und einer Entlastung des medizinischen Personals.
Digitalisierung in der Praxis
Schon lange mahnen Experten und Kommissionen eine schnellere Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens an. Am Beispiel eines smarten, vernetzten EKG-Geräts lässt sich zeigen, was die wesentlichen Elemente dieser Entwicklung umfasst und welche praktischen Mehrwerte sich damit erzielen lassen.
Der erste Schritt ist die Erfassung der elektrischen Reize am Herzen durch die Gerätesensorik – genau wie bei einem herkömmlichen EKG-Gerät. Doch im Gegensatz hierzu erfolgt im „smarten EKG-Gerät“ ein Post-Processing der Messwerte im integrierten Microcontroller. Auf diese Weise kann bereits auf dem Gerät eine erste Anomalie-Erkennung realisiert werden. Vorerst nur in begrenztem Umfang, angesichts eingeschränkter Rechenkapazitäten und, bei Mobilgeräten, knapper Energieressourcen.
Eine weitergehende, genauere Auswertung kann – ebenfalls automatisiert – in der Cloud stattfinden. Voraussetzung ist eine Echtzeitvernetzung, die eine sichere, DSGVO-konforme Datenübertragung gewährleistet. In der Cloud sind umfangreichere Datenspeicherung und -analysen möglich. Die Ergebnisse werden dann an eine Middleware weitergereicht, welche die Datenqualität prüft und die Datenformate validiert. Auf dieser Basis kann sie anderen Systemen als vertrauenswürdige Datenquelle dienen und automatisierte Prozesse anstoßen.
So kann bei akuten Symptomen beispielsweise umgehend die Rettung alarmiert werden, denn der Faktor Zeit ist kritisch bei Herzinfarkt. Oder sie ermöglicht eine Visualisierung der Daten für Klinikpersonal, Pflegeeinrichtungen, Angehörige oder Patientinnen und Patienten selbst. Nicht zuletzt stehen die Daten auch für andere Applikationen zur Diagnostik und Therapie zur Verfügung, ebenso für weitere vernetzte Systeme. Dadurch kann beispielsweise entschieden werden, welche Therapieschritte als nächstes notwendig sind und unmittelbar entsprechende Termine bei den Fachärzten vereinbart werden.
Abb. 1: Das digitale EKG-Gerät aus Systemsicht: Für jede Schicht sind spezielle Skills in der Entwicklung gefragt.
Komplexe Entwicklungen nötig
Das Schaubild zeigt: Um die geschilderten Abläufe zu realisieren, sind eine ganze Reihe von Voraussetzungen zu schaffen. Vernetzung und Interoperabilität, im Idealfall mit offenen, herstellerunabhängigen Schnittstellen und Datenformaten, bilden die Basis. Während Safety und Cybersecurity, Datenschutz und Elektromagnetische Verträglichkeit im klinischen Alltag die wichtigsten Randbedingungen für die Ableitung der technischen Anforderungen an das Gerät stellen.
Dazu kommt die Nutzung von Künstlicher Intelligenz (KI) und Maschinellem Lernen (ML), teils im Gerät, teils in der Cloud, sowie der Einsatz von Software in Form von Cloud-Anwendungen, Middleware und Applikationen auf PC oder Smartphone. Unter diesen Voraussetzungen entsteht aus der Vielzahl der Geräte und Anwendungen ein umfassendes medizinisches Ökosystem – ein Internet der Medizinischen Dinge (Internet of Medical Things, IoMT).
Auch die Akzeptanz bei den Nutzern – dem medizinischen Personal ebenso wie den Patientinnen und Patienten – gilt es zu beachten. Dazu sind beispielsweise ein besonderer Fokus auf die „Usability“ und die Gestaltung von Benutzeroberflächen nötig (User Experience, UX, und User Interface, UI). Und nicht zuletzt sind bei der Marktzulassung Besonderheiten für medizinische Geräte zu berücksichtigen, die in der EU in der Medizinprodukteverordnung (MDR) festgelegt sind, oder in den USA in den Regularien der Food & Drug Administration (FDA).
EDAG bietet externe Unterstützung
Alle diese Anforderungen, entlang der verschiedenen Applikationsschichten von Chip bis Cloud, unter einen Hut zu bekommen, stellt für Hersteller von medizinischen Geräten eine enorme Herausforderung dar. Sich der Digitalisierung und Vernetzung zu verweigern ist keine Alternative – denn die Entwicklung ist nicht mehr aufzuhalten, und wer hier nicht mitzieht, verliert nicht nur an Wettbewerbsfähigkeit, sondern mindert auch die Lebensqualität von Patientinnen und Patienten.
Um die komplexen, umfangreichen Entwicklungsprozesse zu beschleunigen und sich mit den nötigen Skills in den verschiedenen Bereichen und Ebenen zu wappnen, setzen Hersteller häufig auf die Kooperation mit externen Partnern. Dabei sind Dienstleister gefragt, die ein breites Kompetenzfeld abdecken und so die gestellten Aufgaben effizient lösen können.
Hier kann EDAG als breit aufgestellter Dienstleister mit umfangreichen Erfahrungen und Kompetenzfeldern punkten:
- Programmierung von Embedded Software;
- Entwicklung von KI-Algorithmen;
- Chip-to-Cloud-Architektur;
- Systemintegration & Interoperabilität;
- Cybersecurity & Datenschutz;
- Test & Validierung;
- Zulassungsunterstützung;
- Change-Management.
Die jeweiligen Spezialisten können einerseits ihre Expertise in die einzelnen Entwicklungsaufgaben einbringen und andererseits auf dem kurzen Dienstweg die Randbedingungen mit den Experten aus den anderen Entwicklungssträngen abstimmen. Die enge Zusammenarbeit unter einem Dach trägt dazu bei, dass Entwicklungsprozesse schnell und effizient abgewickelt werden können.
Stehen Sie als Hersteller medizinischer Geräte ebenfalls vor der Herausforderung, smarte, vernetzte Lösungen zu schaffen, die sich nahtlos in das medizinische Ökosystem der Zukunft einfügen und hohe Akzeptanz bei Anwendern genießen? Dann sprechen Sie mit Sinem Atilgan, Specialist Consultant für Digitale Transformation, mit Tobias Schunk, Projektmanager Software & Digitalisation oder mit Michael Kelnberger, Sales Manager Technical Sales bei EDAG. Mehr zum Thema Zulassungen und die Notwendigkeit von CAE-Rezertifizierungen behandeln wir im nächsten Whitepaper. Und laden Sie sich gleich hier unser Whitepaper „Mehr Digitalisierung fördert Herz- und Kreislauf-Gesundheit“ herunter, das Ihnen anhand der Entwicklung eines digitalen EKG-Gerätes aufzeigt, wie Sie in eine zukunftsfähige Entwicklung investieren.