Simulationen statt Prototypen, virtuelle statt physischer Testgeräte: Digitale Entwicklungswerkzeuge lassen Kosten schmelzen und beschleunigen neben dem Entwicklungszyklus auch den Zulassungsprozess – zumindest in den USA. Doch noch lassen viele Hersteller dieses Effizienzpotenzial ungenutzt. Das muss nicht sein. Mit Hilfe geeigneter Partner können Sie Kosten- und Zeitvorteile schnell realisieren.
In der Medizintechnik und der Pharmabranche stehen Unternehmen unter enormem Innovationsdruck. Gleichzeitig sind die Anforderungen hoch und die Entwicklungszyklen teuer. Ein wesentlicher Anteil am Zeit- und Kostenaufwand entfällt auf den letzten Schritt des Entwicklungsprozesses: Die Erfüllung der regulatorischen Anforderungen für den Marktzugang, was zwischen 50 und 80 Prozent der gesamten Entwicklungskosten verursacht.
Dabei zeigen sich teils erhebliche Differenzen zwischen dem europäischen und dem US-Markt. Ein Aspekt ist die unterschiedliche Behandlung von Ergebnissen aus dem Bereich des Computer Aided Engineering (CAE) bzw. Computational Modeling and Simulation (CMS). Hier bietet der Ansatz der U.S. Food and Drug Administration (FDA) derzeit Vorteile, die einen zügigeren Marktzugang ermöglichen. Für Anbieter von Medizinprodukten ist es daher interessant, die USA als Markt für die Erstzulassung von Neuentwicklungen zu bevorzugen. So können sie dort bereits auf den Markt und Gewinne erzielen, während das langwierigere Zulassungsverfahren in der EU noch läuft.
Produktsicherheit im Fokus
Die steigende Komplexität moderner Medizinprodukte bringt neue Herausforderungen mit sich: Neben der reinen Mechanik spielen zunehmend Elektronik, Software und Konnektivität eine Rolle. Dies führt zu multidisziplinären Entwicklungsprozessen, in denen viele unterschiedliche Parameter aufeinander abgestimmt werden müssen. Diese Problematik wird noch verschärft, wenn neue Technologien die Komplexität weiter erhöhen, wie beispielsweise der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI).
Alle diese Entwicklungen bergen potenziell Risiken für Leib und Leben der Anwender bzw. Patienten in sich. Spätestens im Zulassungsprozess müssen Hersteller nachweisen, dass diese Risiken ausgeschlossen oder zumindest auf ein akzeptables Maß minimiert worden sind. Der Aufwand für Tests, Dokumentation und Validierung steigt entsprechend, was Zeit und Ressourcen bindet. Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, braucht es neue Ansätze.
Die Frage, wie sich neue Produkte sicher in den Markt bringen lassen, beantwortet man in den USA anders als in Brüssel. Ähnlich wie in anderen Branchen, wo sich digitale Simulationsmethoden als nützliches und verlässliches Tool in sicherheitsrelevanten Bereichen erwiesen haben, erlaubt die FDA nicht nur im Entwicklungs-, sondern auch Zulassungsprozess den Einsatz von CAE.
Simulation als Beschleuniger und Effizienzfaktor
Um die daraus erwachsenden Effizienzpotenziale nutzen zu können, stehen Hersteller von Medizinprodukten vor der Aufgabe, die bereits vorhandenen Ansätze zur Nutzung von CAE aus dem Entwicklungsprozess in den Zulassungsprozess zu „verlängern“. Teils bieten sich auch noch bislang ungenutzte Chancen, die Anwendung von Simulationen bereits in der Entwicklung auszuweiten.
Virtuelle Prototypen auf Basis von CAE ermöglichen es, Produkte – beispielsweise auf Basis von bereits vorhandenen Entwürfen mittels Computer Aided Design (CAD) – digital zu modellieren, zu testen und zu optimieren – noch bevor ein physischer Prototyp gebaut wird. Diese simulationsgestützten Entwicklungsprozesse sparen nicht nur Kosten, sondern schaffen auch Transparenz und Kontrolle. Belastungstests, Strömungsanalysen, Materialverhalten unter realen Bedingungen: All das lässt sich mit digitalen Modellen realistisch abbilden. Das Ergebnis: Eine signifikant verkürzte Entwicklungszeit, reduziertes Risiko und höhere Innovationsgeschwindigkeit.
Abb. 1: Links: Berechnung der Verformung einer Peristaltischen Pumpe mittels FEM; Rechts: Übertrag der Verformung und Simulation der Blutströmung mittels CFD.
Simulation ermöglicht außerdem einen ständigen Abgleich zwischen Soll- und Ist-Zustand. Veränderungen im Design oder bei Materialparametern können sofort auf ihre Auswirkungen hin untersucht werden. Iterationen werden deutlich schneller durchlaufen, da die Feedbackschleifen innerhalb von Stunden statt Tagen oder Wochen geschlossen werden können. Die gewonnenen Erkenntnisse lassen sich direkt in das CAD-Modell einarbeiten – ein nahtloser, digitaler Kreislauf.
Ein weiteres wirtschaftliches Argument: Durch die Reduktion physischer Prototypen sinken nicht nur die Kosten für Material und Fertigung, sondern auch für aufwändige Testumgebungen. Besonders bei komplexen Systemen mit hohen Sicherheitsanforderungen ist der Aufbau von Testreihen kostspielig. Digitale Simulationen schaffen hier eine verlässliche Vorstufe zur realen Validierung.
Das lässt sich mit konkreten Zahlen belegen. So kostet beispielsweise die Entwicklung eines kardiovaskulären Stents zur Behandlung arterieller Verengungen mit herkömmlichen Methoden rund 2 Mio. US-Dollar, bis zur Zulassung dauert es im Schnitt 18 Monate, vereinzelt sogar zwei volle Jahre. Ein CAE-gestützter Entwicklungsprozess führte dagegen bereits nach elf Monaten zum Erfolg, bei einer Kostenersparnis von rund 70 Prozent, so eine Konsortialstudie der MedTech Cluster Alliance von 2024.
Planbarkeit und Validierung im regulierten Umfeld
Ein wesentlicher Vorteil der digitalen Simulation liegt in der Planbarkeit: Entwickler können durch automatisierte Simulationsketten und Variantenanalysen frühzeitig abschätzen, welche Designentscheidungen sich wie auswirken. Gerade im regulierten Umfeld ist dies ein zentraler Faktor, da die Ergebnisse digital dokumentiert, nachvollziehbar validiert und für Audits aufbereitet werden können. So lassen sich im Zulassungsprozess am Ende der Entwicklung die Anforderungen an die Produktsicherheit und die regulatorische Compliance effizienter nachweisen.
Zudem können mit Hilfe von CAE-Werkzeugen bereits früh im Prozess Risikobetrachtungen auf einer fundierten Datenbasis durchgeführt werden, z. B. mittels Finite-Elemente-Methode (FEM). Mögliche Schwachstellen lassen sich so identifizieren, bevor sie in teuren Spätphasen auftreten. Auch funktionale Nachweise und Sicherheitsanalysen können digital vorbereitet werden – ein großer Vorteil für den Dialog nicht nur mit der US-amerikanischen FDA, sondern auch mit Prüforganisationen und Benannten Stellen im europäischen Zulassungsprozess.
Modellbasierte Produktentwicklung mit externer Unterstützung
Trotz all dieser Vorteile bleibt der Einsatz von Simulationen im Zulassungsprozess derzeit noch weit hinter seinen Möglichkeiten zurück. Vielen Unternehmen fällt es schwer, die Transformation der Entwicklungsprozesse bis hin zum Zulassungsverfahren allein aus eigener Kraft zu schaffen. Unterstützung bieten hier externe Partner, die eine Kombination aus technologischer Exzellenz, Branchenwissen und regulatorischer Expertise beisteuern.
Mit langjähriger Erfahrung in der simulationsgestützten Entwicklung und tiefem Verständnis für die regulatorischen Rahmenbedingungen unterstützt die EDAG Group Unternehmen aus der Medizintechnik und Pharmaindustrie bei allen Aufgaben zum rechtssicheren Markteintritt, auf Wunsch aber auch entlang des gesamten Produktentwicklungsprozesses. Von der Strukturmechanik über Thermomanagement und Fluiddynamik bis hin zu multiphysikalischen Analysen und der Prüfung der Elektromagnetischen Verträglichkeit im eigenen EMV-Zentrum – EDAG bietet die passende Methodenkompetenz, um Innovationen sicher und wirtschaftlich umzusetzen und Entwicklungsprozesse zielorientiert und effizient zu gestalten.
Abb. 2: Ein bewährtes Konzept bildet die Basis für einen effizienten Entwicklungsprozess, der dann mittels CAE zeit- und kostensparend umgesetzt werden kann.
Dabei kombiniert EDAG modernste CAE-Technologie mit einem tiefen Verständnis für branchenspezifische Herausforderungen. Die Berücksichtigung von essenziellen Normen wie ISO 13485 für das Qualitätsmanagement ist dabei ebenso selbstverständlich wie die nahtlose Integration in bestehende Entwicklungsprozesse. Interdisziplinäre Teams arbeiten eng mit den Kunden zusammen, um individuelle Lösungen zu entwickeln – von der frühen Konzeptstudie bis zur marktreifen Serienlösung. Nicht zuletzt kann EDAG eine leistungsfähige Hard- und Software-Landschaft für Simulationsaufgaben vorweisen und erspart Kunden damit risikoreiche eigene Investitionen in eine technische Infrastruktur und die erforderlichen Softwarelizenzen.
Möchten Sie mehr darüber erfahren, wie Simulation & Prototyping den Zulassungsprozess für Ihre medizinischen Produkte optimieren können? Sprechen Sie mit Patrick Lerge, Senior Simulation Engineer bei der EDAG Group.
Mehr zu den Chancen der simulationsbasierten Produktentwicklung und -optimierung für den FDA-Zulassungsprozess erfahren Sie auch in unserem Whitepaper zum Thema „Effiziente Zulassung von Medizinprodukten mittels CAE“. Hier finden Sie Details, wie CAE zu den Anforderungen der FDA passt, welche konkreten Anwendungsfälle Simulationen bieten und welche enormen Einsparungen der Einsatz von CAE bei der Entwicklung eines kardiovaskulären Stents ermöglichte.