Vom ersten Entwurf bis zur Serienfertigung ist es ein weiter Weg. Einer der wichtigsten Entwicklungsschritte ist die erste Umsetzung von Fahrwerk und Antriebsstrang in Hardware, um Funktion und Auslegung testen zu können. Dazu bedarf es der Produktion von Mule-Cars, die zwar nur zum Teil repräsentativ sind, aber erhebliche Kosten- und Zeitaufwand verursachen. Doch es gibt Möglichkeiten, diese Entwicklungsstufe effizienter zu gestalten.
Das Muli ist Namensgeber für etliche technische Gerätschaften in ganz verschiedenen Bereichen. Darunter auch in der Fahrzeugentwicklung, wo in einer frühen Entwicklungsphase erste Tests mit Hilfe von Mule-Cars durchgeführt werden. Der Zusammenhang könnte sich aus der zentralen Eigenschaft des Mulis ergeben: es ist ein Hybrid aus Esel und Pferd. Und auch das Mule-Car ist ein Hybrid: aus repräsentativen Elementen, die wesentlich sind für die Neuentwicklung, und aus nicht repräsentativen Teilen des Fahrzeugs, die lediglich die Funktion sicherstellen sollen, aber noch nichts oder allenfalls wenig mit dem finalen Fahrzeugdesign zu tun haben.
Hoher Bedarf und hoher Aufwand
Mule-Cars sind ein entscheidender Bestandteil der frühen Entwicklungsphase. Sie werden zum Beispiel genutzt, um grundlegende Tests für Antrieb, Hochvoltsysteme, Batterie, Fahrwerk und Steuerungssoftware durchzuführen. Ihre Bedeutung ist dort besonders hoch, wo komplett neue Plattformen entwickelt werden, also nicht auf bestehende Fahrzeugkonzepte und darauf basierende „Spenderfahrzeuge“ zurückgegriffen werden kann. In diesen Fällen ist aber auch die Herstellung sehr viel aufwändiger.
Dies bekomme insbesondere die zahlreichen Start-ups zu spüren, die im Zuge der Antriebselektrifizierung mit neuen Fahrzeugkonzepten auf den Markt drängen. Doch auch etablierte Markenhersteller haben inzwischen gelernt, dass ein Elektro-Auto mehr ist als ein umgerüsteter Verbrenner-Pkw. Dementsprechend arbeiten auch sie mit Hochdruck an komplett neuen Serien – mit entsprechend hohem Bedarf an aufwändig zu produzierenden Mule-Cars.
Wertvolle Datensammlungen
Bei den Fahrtests mit Mule-Cars werden umfangreiche Daten zur Funktionalität und Belastbarkeit des Antriebsstrangs, der Batterie und der Steuerung gesammelt. Mithilfe von Messtechnik und Datenloggern können physische Effekte, wie Fahrwerksbelastungen, Luftströme und thermale Effekte, genau überwacht werden. Diese Daten dienen als Grundlage für Optimierungen in der Fahrwerksabstimmung, der Steuergeräte-Kalibrierung und der Simulation weiterer Testszenarien. Daneben geht es darum, mögliche Probleme in der Kommunikation und Programmierung aufzudecken.
Mit einem standardisierten „Hut“ lässt sich das Mule-Car schneller und günstiger aufbauen
Mehr Effizienz in der Entwicklung
Die Tests mit Hilfe von Mule-Cars sind also unverzichtbar für die Entwicklung neuer Fahrzeuge – trotz der hohen Kosten und des Zeitaufwands für die Herstellung dieser ersten Testmodelle. Doch es gibt durchaus Möglichkeiten, diesen Teil des Entwicklungsprozesses zu optimieren. EDAG hat dazu ein eigenes Mule-Car-Konzept entwickelt, das deutliche Effizienzpotenziale bietet. Die Vorteile ergeben sich im Wesentlichen aus diesen vier Faktoren:
- Optimierung: Teil des Mule-Car-Konzepts die effiziente Produktion des repräsentativen Under-Bodys – von den benötigten Werkzeugen für die Herstellung der Teile, über die Produktion beispielsweise von Formteilen oder der Antriebswelle, bis hin zum Zusammenbau. Dazu zählen auch ein vorgeschaltete Validierung und Optimierung.
- Standardisierung: Nicht-repräsentative Fahrzeugteile, wie der „Upper Body“, werden aus einfachen Materialien wie Vierkant- oder Laser-Kant-Teilen gefertigt. Lower-Voltage-Systeme, wie Blinker, Beleuchtung oder Belüftung, werden mit kostengünstigen After-Sales-Komponenten aus dem Massenmarkt aufgebaut.
- Flexibilität und Modularität: Das Standardkonzept für den „Hut“ ist immer gleich und wird einfach auf die Dimension der Bodenplattform angepasst. Die Mule-Cars von EDAG ermöglichen es aufgrund dieser Flexibilität, die Außenhaut an die Anforderungen der Bodenplattform getrieben von den Hardpoints des repräsentativen Fahrwerks anzupassen und so bereits die Funktion der Anbindungspunkte zu testen. Gleiches gilt für den Anschluss der LV-Systeme. Zudem bietet der Upper-Body Platz für umfangreiche Messtechnik und aufwändige Datenlogger.
- Effizienzgewinne durch Integration: Durch die Verknüpfung mit weiteren Entwicklungsdienstleistungen von EDAG, wie Konzeptentwicklung, Validierung und Simulation, können weitere Zeit- und Kostenvorteile erzielt werden. Dies ermöglicht eine schnellere und günstigere Entwicklung.
Gerade der letzte Punkt bietet nochmals zusätzliche Effizienzpotenziale bei der Realisierung neuer Fahrzeugkonzepte. Durch das breite Expertenwissen der EDAG-Ingenieure sowie die umfangreiche Palette an unterstützenden Dienstleistungen lassen sich Engineering-Aufgaben über mehrere Entwicklungsstufen hinweg an EDAG auslagern, wo iterative Prozesse „auf dem kurzen Dienstweg“ sehr schnell und ohne zusätzlichen Koordinierungsaufwand abgewickelt werden können.
Suchen auch Sie Wege, Ihre Entwicklungsprozesse zu beschleunigen und gleichzeitig Kosten zu sparen? Dann sprechen Sie mit Michael Rittger, Senior Project Manager beim EDAG Versuchs- und Fahrzeugbau, über Möglichkeiten zur Kooperation bei Mule-Cars und damit verbundenen Engineering-Dienstleistungen. Oder laden Sie sich unser Whitepaper „Mehr Effizienz beim Bau von Mule-Cars und angrenzenden Entwicklungsschritten“ herunter, das Ihnen Details zum EDAG-Mule-Car-Konzept und den Vorteilen einer integrierten Entwicklung verrät.