Egal ob geplante Wartung oder ungeplanter Stillstand – wenn die Bänder stillstehen und keine Autos produziert werden können, verliert das Unternehmen Geld. Eine Lösung verspricht „Predictive Maintenance“: Mit Hilfe der vorausschauenden Wartung lassen sich Wartungsintervalle optimieren und aufkommende Probleme frühzeitig aufdecken, bevor es zum Maschinenausfall kommt. Ein großer Automobilhersteller interessierte sich für dieses Konzept, das eine weitere Verbesserung der Effizienz ermöglicht, und beauftragte EDAG mit der Realisierung. Um große Datenmengen mit einer intelligenten Software verarbeiten zu können, bedurfte es einer leistungsfähigen Hardware, aber nicht im Rechenzentrum, sondern nahe bei den Maschinen, in der Netzwerk-Peripherie. Gemeinsam mit Dell Technologies entstand eine Edge-Computing-Lösung, die sich in der Praxis mehr als bewährt hat.
Zeit ist Geld – das gilt ganz besonders in der Automobil-Industrie. Normalerweise sind hier die Bänder voll ausgelastet, eine Unterbrechung der Produktion kann deshalb nicht einfach ausgeglichen werden. Die Gesamtanlageneffektivität (OEE) ist dementsprechend in hohem Maße davon abhängig, dass die Fertigung möglichst reibungslos läuft. Nicht nur, dass ungeplanten Stillstände zu vermeiden sind, auch Wartungs- und Optimierungsarbeiten sollten möglichst selten eintreten. Doch bislang fanden die bei einem großen EDAG-Kunden nach festen Zeitintervallen statt.
Predictive Maintenance („vorausschauende Wartung“) verspricht hier spürbare Verbesserungen. Statt nach Betriebsstunden werden die Wartungsintervalle nach der „Anlagengesundheit“ bemessen. Solange Verschleißteile und -materialien in gutem Zustand sind, braucht man keinen unnötigen Stopp einzulegen. Dazu müssen umfangreiche Datenmengen erhoben werden, die anzeigen, ob alle relevanten Parameter im Normbereich liegen. Auf diese Weise können auch aufkommende Probleme frühzeitig erkannt werden.
So kündigt sich beispielsweise ein Lagerschaden im Antrieb lange vor dem Ausfall an, weil sich schleichend der Stromverbrauch erhöht. Wird das rechtzeitig bemerkt, lässt sich der Austausch gründlich vorbereiten und mit wenig Zeitaufwand durchführen, während bei einem plötzlichen Maschinenstopp erst einmal die Ursache gefunden werden muss und dann noch nicht sichergestellt ist, dass gerade ein Ersatzgerät und das benötigte Servicepersonal verfügbar ist.
Die Umsetzung von Predictive Maintenance stellt hohe Anforderung an Rechenleistung und Speichervolumen: Eine große Datenmenge aus unzähligen Sensoren und Aktoren gibt nicht nur Auskunft über den Zustand von Maschinen und Anlagen, sondern auch über die Umgebung, wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Diese Datenflut muss mittels Künstlicher Intelligenz (KI) analysiert werden, um sich wiederholende Muster zu finden und laufende Veränderungen aufzuspüren.
„Unser Kunde wollte die Instandhaltung seiner Produktionsanlagen durch den Einsatz intelligenter Technologien optimieren, um bei Kosten, Qualität und Zeit deutlich effizienter zu werden“, erklärt Mark Kramer, Leiter Produktions-IT (Smart Factory Solutions) bei der EDAG Production Solutions GmbH &Co. KG. Er ist verantwortlich für die Beratung, Planung und Implementierung der produktionsnahen IT beim Engineering-Dienstleister. Dazu gehören die Entwicklung von cyber-physischen Systemen, Produktionsleitsystemen wie MES, Big Data Solutions für Produktionsoptimierung, Qualitätsmanagement, Echtzeit-Informationssystemen und prädiktiver Maintenance.
Im ersten Schritt musste entschieden werden, welche Daten benötigt werden, wie man diese erheben kann und dann zu verstehen, welchen Einfluss diese haben und wie sie sich gegenseitig beeinflussen. Gemeinsam mit Fachexperten erarbeiteten die EDAG Ingenieure aussagekräftige Hypothesen, die letztlich validiert werden konnten und Teil der Datenauswertung wurden, beschreibt Jacek Burger, Projektleiter für Embedded Systems & Künstliche Intelligenz und Softwareentwicklungsexperte bei der EDAG Engineering GmbH, den Ablauf hin zu den KI-Modellen.
Die Größe der Datenbank sowie die Intelligenz und Performance des Analyse-Algorithmus sind entscheidend für die Qualität der gewonnenen Erkenntnisse. Dementsprechend wichtig ist es, eine leistungsfähige Hardware zu installieren. EDAG entschied sich für eine Edge-Computing-Lösung, also eine rechenstarke IT-Infrastruktur am „Rand“ des Unternehmens. Eine solche dezentrale Datenverarbeitung in der Peripherie des Netzwerks, nahe bei den Datenquellen, zeichnet sich durch geringere Latenzzeiten aus, zudem sinkt die Gefahr von Unterbrechungen der Datenkommunikation.
Die nötige Infrastruktur entwickelte EDAG gemeinsam mit Dell Technologies. Der IT-Hersteller bietet ein umfassendes Produkt- und Lösungsportfolio für Edge Computing, das nahezu jeden Anwendungsfall abdeckt. Desweiteren verfügt Dell Technologies jenseits von Speicher- und Serverhardware über das nötige Know-how, die IT-Infrastruktur nach individuellen Anforderungen bereitzustellen und zu verwalten, am Edge ebenso wie im Rechenzentrum oder einer Hybrid-Cloud-Umgebung.
Denn die Edge-Lösung soll sich ja nahtlos in die Unternehmens-IT einfügen und nicht wie ein Fremdkörper die Komplexität erhöhen – das stünde dem Ziel der Effizienzverbesserung entgegen. Schließlich wurde die Lösung für Predictive Maintenance über Schnittstellen mit allen anderen Systemen verbunden, darunter Logistik, PLP (Product Longevity Program), MES (Manufacturing Execution System) und ERP (Enterprise Resource Planning). „Die Herausforderungen dieses Projekts waren anspruchsvoll, da die zugrunde liegende Software individuell entwickelt werden musste. Die Systeme und die Infrastruktur des Kunden sind sehr spezialisiert, so dass ein breites Expertenwissen erforderlich war, um das KI-System und die Hardware aufeinander abzustimmen“, macht Kramer deutlich.
Das Pilotprojekt erreichte tatsächlich alle Ziele, die sich der Kunde von Predictive Maintenance versprochen hatte. Die Planung von Wartungs- und Service-Intervallen wurde verbessert und der Einsatz von Service-Personal reduziert. Es gibt seither weniger ungeplante Maschinenausfälle, das Ersatzteilmanagement konnte optimiert werden und die Analyse der gesammelten Daten verbesserte das Verständnis für die Maschinen. Aufgrund der reduzierten Stillstandszeiten erhöhte sich die Overall Equipment Effectiveness (OEE) um 2 Prozent.
„Auch wenn das zunächst unbedeutend klingen mag: Eine solche Verbesserung der OEE ist im Automobilsektor, der seine Prozesse bereits auf maximale Effizienz getrimmt hat, hervorragend. Wir gingen ursprünglich von einem niedrigeren Wert aus, daher ist der Kunde wirklich glücklich“, so das Fazit von Mark Kramer. Die im Pilotprojekt entwickelte Lösung wird nun auf andere Werke und Fabriken des Kunden weltweit ausgerollt. Zugleich fließen die Erfahrungen aus der Praxis in die Weiterentwicklung des Data Analytics Cluster ein.
Wenn auch Sie Interesse an innovativen Lösungen wie Edge Computing, Künstlicher Intelligenz und Machine Learning haben, um mit intelligenten Anwendungen die Effizienz Ihrer Anlage zu steigern, steht Ihnen Mark Kramer als Ansprechpartner zur Verfügung. Detailliertere Infos über unseren Entwicklungsansatz finden Sie auch in unserem kostenfreien Whitepaper „Edge Computing bringt KI in die Produktion“.